Nestlé beutet aus, Nestlé tötet – für Profit. Und das seit 1867. Heinrich Nestle liess sich 1839 am Genfersee nieder und nannte sich seither Henri Nestlé. Nachdem er einige Jahre erfolglos versuchte, mit Produkten wie Limonade, Öl, Schnaps, Holz, Dünger reich zu werden, entdeckte seine Frau schliesslich die passende Marktlücke. Die Kindersterblichkeit stieg im 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung deutlich an. Arbeiter*innen wurden bis zu 16 Stunden täglich in Fabriken ausgebeutet, sie hausten mit ihren Familien in unhygienischen Mietwohnungen (welche häufig der Fabrik selber gehörten), Kinder konnten nicht gestillt oder gesund ernährt werden und wuchsen in der Fabrik auf. Dies wurde zunehmend zum Problem für die herrschende Klasse: schliesslich soll die Arbeiter*innenklasse eine neue Generation an Arbeiter*innen aufziehen, die mindestens gesund genug sein muss, um ebenfalls möglichst früh in den Fabriken ausgebeutet zu werden und damit die Produktion zu sichern. Und das möglichst, ohne etwas an den zugrunde liegenden schlechten Lebensverhältnissen der Arbeiter*innen zu ändern.(1) Nestlé entwickelte deshalb die pulversierte Kindernahrung, welche mit abgekochtem Wasser vermischt wurde und Säuglinge mit den nötigen Nährstoffen versorgte. Nicht lange bis zum ersten Skandal: Nestlé behauptete seit der Entwicklung der Kindernahrung immer wieder fälschlicherweise, diese sei für Säuglinge und Kinder gar gesünder als Muttermilch. „Nestlé kills Babies“ lautete der Bericht, der in den 70er Jahren offenlegte, das Nestlé das „Kindermehl“ in Entwicklungsländern mit der Lüge vermarktete, dieses sei gesünder für Babies als Muttermilch. Bewusst verschwieg Nestlé, dass diese Lüge insbesondere in Zusammenhang mit schlechten hygienischen Bedingungen und verunreinigtem Wasser gefährlich für Kinder und Säuglinge ist. Tausende Babies verelendeten durch Nestlés Kindernahrung an Durchfall. Als die Gruppe „Dritte Welt Bern“ auf diesen Missstand aufmerksam machte, baute Nestlé Druck auf und brachte die Aktivist*innen vor Gericht, wo sie wegen Ehrverletzung verurteilt wurden. Der Export von Kindermehl in Entwicklungsländer geht derweil munter weiter – finanziert durch die Schweizer Steuerzahler*innen, denn die Schweiz subventioniert den Export mit jährlich 25 Mio Franken.(2)
Nestlé kills for profit – in diesem Fall Babies. Und das ist nicht der einzige Skandal des Konzerns. Seit seiner Entstehung kommt immer wieder ans Tageslicht, wie Nestlé Menschenleben in Kauf nimmt, Mensch und Natur ausbeutet – alles für die Profitgier. Selbes gilt für einen weiteren wichtigen Zweig des Unternehmens: Wasser. Dass der Zugang zu sauberem Trinkwasser ein Grundrecht sein sollte, leuchtet ein. Und doch lebten laut UNO und WHO 2018 rund 844 Millionen Menschen ohne Zugang zu einer sicheren Wasserquelle. Verantwortlich sind Konzerne wie Nestlé: Nestlé pumpt das Geld in Entwicklungsländern für wenig Geld ab, verpackt es in umweltschädlichen Flaschen, verbraucht dabei Unmengen an Energie & lässt es schliesslich über tausende von Kilometern transportieren. Mit dieser Ausbeutung der Umwelt und Entziehung des Grundrechtes auf Trinkwasser erziehlte Nestlé im Jahr 2017 eine Milliarden Franken an Gewinn. Dass Nestlé Trinkwasserquelle besitzt und kontrolliert entzieht Menschen den bezahlbaren Zugang zu Trinkwasser. Brunnen trocknen aus, Wasser fehlt in der Landwirtschaft und hinzu kommt die Umweltbelastung durch Produktion und Entsorgung von Plastikflaschen. Nestlé treibt die Privatisierung von Trinkwasser an, und strebt eine Monopolposition an. Nestlé behauptet, dass durch diese Taktik jeder Mensch Zugang zu Wasser erhält. Doch das ist nur ein Vorwand, damit sie weiter ungestört das Wasser, das wir zum Überleben brauchen, für ihren Profit abfüllen können und es uns dann teurer zurückverkaufen können. Auch hier hilft der Schweizer Staat wieder munter mit, die Machenschaften des Konzerns zu verschleiern: statt die ausbeutende Privatisierung einer Lebensgrundlage zu bekämpfen, gibt die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) dem Konzern mit der „Water Research Group“ eine Plattform, um ihre Machenschaften zu legitimisieren und verharmlosen. Dazu gibts staatliche Unterstützung in der Höhe von rund 8 Mio Franken.(3)
Im Jahr 2022 hat Nestlé 9.5 Mio. Franken Umsatz gemacht. Im Haushaltsbudget des Konzerns werden jährlich mehrere Milliarden aufgewendet, um die zahlreichen Ausbeutungsformen, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschädigungen zu vertuschen & aus der Öffentlichkeit zu halten. Unzählige Gerichtsverfahren, aussergerichtliche Einigungen, Greenwashing-Kampagnen, Klagen gegen unliebsame Stimmen, die auf die Skandale des Konzerns aufmerksam machen – Nestlé scheut kein Geld, um ihre Verbrechen weiterzuführen. Denn egal, wie viele Millionen ein Gerichtsprozess kostet – im Resultat stimmt der Gewinn für Nestlé.(4)
Auch die Greenwashing-Kampagnen von Nestlé sind mehr Schein als Sein. In Kanada lancierte Nestlé 2008 eine Werbekampagne, welche die angeblich nachhaltige Recycling-Strategie Nestlés bewarb. Obschon die Greenwashing-Lüge bald entlarvt wurde, spinnte Nestlé das Märchen des nachhaltigen Trinkwassers in Plastikflaschen weiter.(5) Gleiches gilt für die Lüge über die Nespresso-Kaffeekapseln: im Gegensatz zu den Behauptungen des Konzerns sind die Kaffeekapseln nicht zu mindestens 75% recyclebar, sondern können höchstens zur Hälfte wiederverwertet werden. Der Rest sammelt sich in riesigen Müllbergen.(6)
Nestlé beutet aus. Auch seine Arbeiter*innen. 2003 wurden Fabrikarbeiter*innen der Tochterfirma Cirolac in Kolumbien während eines Arbeitskampfes bedroht und zur Kündigung genötigt. Die kolumbianischen Behörden stellten sich auf die Seite Nestlés. Laut der NGO Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien nicht weiter erstaunlich; zwei hohe Kaderpersonen standen der Behörde in entscheidenden Positionen vor.(7) Wenn sich Arbeiter*innen wehren und in den offenen Arbeitskampf mit Nestlé treten, haben sie sich mit einer mächtigen Feindin angelegt: in der Ausbeutung und Unterdrückung seiner Arbeiter*innen ist Nestlé jedes Mittel recht, von systematischer Spionage durch privates Sicherheitspersonal über Drohungen bis Folter und Mord von Gewerkschaftern – die wochenzeitung veröffentlichte eine ganze Artikelserie zur systematischen Verfolgung von Gewerkschafter*innen durch Nestlé. Der kolumbianische Gewerkschafter Luciano Romero wurde nur wenige Tage vor dem Gerichtsprozess, an dem er gegen Nestlé hätte aussagen sollen, mit fünfzig Messerstichen zu Tode gefoltert. Möge ihm die Erde leicht sein.(8)
Nestlé tötet. Von Blei-haltigen im Maggi-Nuddeln 2015 bis – achtung – einem weiteren Skandal von verunreinigtem Milchpulver für Kleinkindern 2008 in China, in dessen Folge 300’000 Kinder mit Nierenerkrankungen im Krankenhaus landeten, sechs davon starben.(4)
Das alles, die verlogenen Greenwashing-Kampagnen, die krankmachenden Produkte, dem Monopolisieren diverser Markte und dem Verkaufen von überteuerten, aber lebensnotwendigen Produkten, das Horten, Kapitalisieren & Privatisieren von Lebensgrundlagen, die Ausbeutung von Natur und Umwelt, dem Verursachen von Müllbergen, die Ausbeutung der Arbeiter*innen, das gewaltvolle Niederschlagen des gewerkschaftlichen Arbeitskampfes – das alles ist Nestlé. Dafür steht Nestlé. Nestlé beutet aus. Nestlé tötet. Für Profit.
(1) Alex Capus; Patriarchen – Über Bally , Lindt, Nestlé und andere Pioniere, dtv 2019.
(2) https://www.srf.ch/news/wirtschaft/nestle-und-sein-milchpulver-eine-erfolgs-und-leidensgeschichte
(3) https://www.woz.ch/1811/wasserknappheit/grosse-versprechen-noch-groessere-gewinne
https://www.woz.ch/1942/konzernverantwortung/ein-nestle-mann-fuers-wasser
https://www.woz.ch/1921/das-geschaeft-mit-dem-wasser/nestles-schatten-ueber-vittel
(4) https://www.stern.de/wirtschaft/news/nestl%C3%A9–die-skandale-der-vergangenen-jahre-6475346.html
https://www.woz.ch/die-macht-des-multis/der-globale-mischler
https://www.woz.ch/2227/staatssekretariat-fuer-wirtschaft/nestles-verlaengerter-arm
(5) https://www.theguardian.com/sustainable-business/2016/aug/20/greenwashing-environmentalism-lies-companies
(6) https://www.stern.de/wirtschaft/nespresso-recyclinganlage–was-vom-kaffeekapsel-wahnsinn-uebrig-bleibt-3237068.html
(7) https://www.woz.ch/nestle/alles-andere-als-nachhaltig
(8) https://www.woz.ch/0614/nestle-philippinen/zwei-morde-bisher
https://www.woz.ch/1210/nestle/die-ermordung-des-gewerkschafters-luciano-romero
https://www.woz.ch/0908/kolumbien/morddrohungen-auf-der-toilette
https://www.woz.ch/0825/nestlegate/dann-war-die-spionin-weg
www.woz.ch/0832/nestlegate/was-sara-alles-wusste
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