Wandbild für Holger Meins & Sigurd Debus

Wir haben heute ein Wandbild in Erinnerung an Holger Meins und Sigurd Debus gekleistert. 

Holger Meins 26.10.1941 – 9.11.1974

Holger Meins studierte im künstlerischen Bereich. Ab 1966 nahm er an Demonstrationen des SDS teil. Am 1. Februar 1968 zeigte er erstmals den berühmten Film „Wie baue ich einen Molotow-Cocktail?“. Zwischenzeitlich wohnte er in der Kommune 1 und war bei der linksradikalen Zeitschrift Agit 883 aktiv. Ab 1970 schloss sich Meins der RAF an.

Das Wandbild wurde kurz vor dem 50 Todestag von Holger Meins gekleistet. Am 9.11. vor 50 Jahren starb Holger Meins beim 3. Hungerstreik der politischen Gefangenen in Deutschland, an den Folgen der Zwangsernährung. Holger Meins wog am 9.11., als sein Anwalt ihn besuchte noch genau 39 Kilogramm, dies bei einer Grösse von 1,83 Meter. Bei Holger Meins wurde die Zwangsernährung bewusst unter den erforderlichen Werten angesetzt. Er war während seines 58 Tage andauernden Hungerstreiks künstlich ernährt worden; der Gefängnisarzt hatte ihm in den letzten zwei Wochen jedoch täglich nur 400 bis 800, in den letzten vier Tagen nur 400 Kilokalorien verabreichen lassen.

Obwohl seine Anwält*innen wiederholt auf seinen kritischen Zustand hinwiesen und die Hinzuziehung eines Vertrauensarztes forderten – da der Gefängnisarzt am Wochenende abwesend war – lehnte der zuständige Richter dies ab, was schliesslich zum Tod von Meins in der Haft führte. Pieter Bakker Schut dokumentiert diesen und andere Vorfälle eindringlich in seinem Werk Stammheim.

Rudi Dutschke hat am Grab die Parole gerufen: „Holger der Kampf geht weiter!“ Dem können wir uns nur anschliessen, denn der Kampf gegen den Imperialismus und den Staat muss weiter gehen.

Sigurd Debus 7.5.1942 – 16.04.1981

Sigurd war schon vor dem Ausbruch der Sozialrevolte in den 60er Jahren politsch aktiv. Er war immer ausserparlamentarisch aktiv. Mitkämpfer*innen beschrieben ihn als lesehungrigen und azketisch lebenden Menschen. Er bewegte sich nach dem Ende der Student*innenbewegung in diversen K-Gruppierungen, wurde dort jedoch nicht glücklich. Immer stärker beschäftigte ihn die Repression gegen die bewaffneten Bewegungen und die Tode der Aktivist*innen. Seiner Meinung nach würden die Genoss*innen verbluten und dürten nicht im Stich gelassen werden. Er blieb einer der wenigen Verbleibenden, der trotz Kritik an der RAF diese nicht von der Linken isolieren wollte und öffentlich für die Gefangenen demonstrierte. Diese Gruppierung halblegaler Aktivist*innen wurde immer kleiner. Bei einer seiner letzten legalen Aktionen, einer Demo zum Todestag von Petra Schelm, wurde Sigurd von der Polizei brutal zusammengeschlagen. Er sah für sich die Zeit in den Untergrund zu gehen. Die RAF wollte er neu aufbauen.

Sigurd war am 30. Mai 1975 wegen schweren Bankraubs in drei Fällen, Beihilfe zum Bankraub sowie Anstiftung zu Sprengstoff-Verbrechen zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er gehörte, entgegen anderer Meldungen, nicht zur RAF, aber wollte (wohl) dahin. Er hatte ohne Erfahrung und Netzwerk versucht eine militante Politik durchzuführen.

Auch Sigurd Debus war ab 28.02.1974 in strenger Isolationsfolter. Das hiess unter anderem Einzelhaft, Einzelfreistunde unter Bewachung, keine Teilnahme an Veranstaltungen. 

Ab 1976 gab es für 5 Monate einzelne Erleichterungen wie Hofgang mit einer anderen Person. Danach kam wieder die strenge Isolationshaft. Sigurd Debus stand der Wirkungsmacht des Kampfmittels Hungerstreik kritisch gegenüber und kannte die Risiken. Er hatte sich an den vorherigen Hungerstreiks nicht beteiligt und sich dann erstmals für wenige Tage im Sommer 1979 daran beteiligt. Er begann am 11. Februar 1981 den Hungerstreik.

Sein persönliches Ziel war dabei die Abschaffung der Hochsicherheitstrakte, das es bei den vorherigen Hungerstreiks noch nicht gab. Ab dem 9. März wurde Sigurd mittels Infusionen zwangsernährt, was gegen seinen Willen geschah. Sechs Wärter wurden benötigt, um ihn festzuhalten und festzuschnallen. Dabei wurde er jeweils für mehrere Stunde bis zur Bewustlossigkeit gefesselt und mit Infusionen zwangsernährt. Am 7. April wurde bei Sigurd Verwirrung festgestellt. Er kam kurz darauf ins Krankenhaus auf die Intensivstation. Am 16. April zeigte das EKG schliesslich eine Nulllinie. Bei der Autopsie am nächsten Tag wurde festgestellt, dass sein Tod nicht durch Schwächung oder Schädigung anderer Organe eintrat, sondern durch eine Hirnmassenblutung. Als Ursache dafür lässt sich der Gefässüberdruck durch Überinfudierung oder Infolge der Zusammensetzung der Infusionslösung nicht ausschliessen. Die Angehörigen und Freund*innen von Sigurd machen den Staat für den Tod von Sigurd verantwortlich. Dem schliessen wir uns an.