Wir haben in der Nacht auf den 8. März an verschiedenen Orten in der Stadt Bern Wandbilder angebracht. Unter der Parole „Feministische Kämpfe verbinden – Gemeinsam das Patriarchat bezwingen“, sind zwölf bedeutende Kämpfer:innen abgebildet. Die Bilder wurden jeweils mit einem Infotext zur Person und ihrem Kampf ergänzt.
Weltweit haben feministische Kämpfe grosse revolutionäre Perspektiven geschaffen. Die vielfältigen Kämpfe der Geschichte und der Gegenwart bieten eine Inspirationsquelle, um für die Zukunft neue Stärke zu entwickeln. Die kleine Auswahl an grossen Kämpfer:innen für den Kampf gegen das Patriarchat zeigt die internationale und revolutionäre Kontinuität der feministischen Bewegung.
Im folgenden die sind die zwölf Personen aufgelistet. Die Plakate finden sich in Kürze auf unserer Webseite zur weiteren Verbreitung. Ebenfalls werden wir noch weiterführende Literatur zu den einzelnen Kämpfen auflisten.
Alexandra Kollontai (Sowjet Union)
Alexandra Kollontai war 1917 die erste Frau des revolutionären sowjetischen Kabinetts und übernahm 1919 den Vorsitz der Frauenabteilung beim Zentralkomitee der Partei. Sie war für die kurzzeitige Lockerung des Eherechts und für besseren Mutterschutz verantwortlich und setzte ausserdem das Recht auf Abtreibung durch. Ein Kampf der bis heute auf der ganzen Welt geführt und gewonnen wird. So stellen sich jedes Jahr tausende Aktivist:innen in der Schweiz den reaktionären Marsch fürs Läbe entgegen und kämpfen vor Gericht gegen die damit verbundene staatliche Repression. Lasst uns den Kampf für Selbstbestimmung und gegen reaktionäre Fundamentalist:innen weiterhin auf die Strasse tragen!
Petra Schelm (Rote Armee Fraktion)
Petra Schelm gehörte zu der Ersten Generation der Roten Armee Fraktion (RAF). Die RAF sah sich als Teil des weltweiten Kampfes gegen den US- und BRD-Imperialismus. Petra Schelm wird 1971 auf der Flucht von einem deutschen Polizisten erschossen. Nach Aussage des Schützen feuerte Schelm zuerst, ein in der Nähe stehender Schüler erklärte hingegen, der Polizist habe ohne Vorwarnung als Erster geschossen. Laut Augenzeugenberichten lag Petra Schelm nach dem tödlichen Schuss noch mindestens 10 Minuten auf dem Pflaster, ohne dass Erste Hilfe geleistet wurde Ihr Tod wurde nie aufgeklärt. Die RAF widmete ihrer ermordeten Genossin einen Anschlag unter dem Namen „Kommando Petra Schelm“. Dabei wurde das Hauptquartier der US-Army in Frankfurt angegriffen, denn Westdeutschland sollte für die Ausrottungsstrategie in Vietnam kein ruhiges Hinterland mehr sein. Die erste Generation der RAF (Baader, Meinhof, Ensslin, Raspe etc.) wurden nach mehreren Anschlägen im berüchtigten Stuttgarter Stammheim Gefängnis inhaftiert. Ulrike Meinhof wird am 9. Mai 1976 tot in ihrer Zelle aufgefunden. Im Oktober 1977 werden die anderen Mitinhaftierten tot aufgefunden. Ihr Tod ist bis heute nicht aufgeklärt. Die einzige Überlebende der Todesnacht, Irmgard Möller, bestreitet bis heute, dass es Selbstmord war. Polizeigewalt und Repression sind leider auch in der Schweiz keine Seltenheit. Nichtsdestotrotz stellen sich Aktivist:innen der Polizei immer wieder in den Weg und greifen diese an.
Sylvia Rivera (STAR)
Sylvia Rivera soll an den Stonewall Riots den 2. Molotov Cocktail in Richtung der Polizei geworfen haben. Die Stonewall Riots waren ein massgeblicher Katalysator für die LGBT-Bewegung. Zusammen mit Marsha P. Johnson gründete sie die Street Transvestite Action Revolutionaries (STAR). STAR etablierte sich zum Ort des Organisierens und des Austauschs. Sylvia Riveras und Marsha P. Johnsons Kampf werden leider bis heute nicht die Bedeutung und Anerkennung geschenkt, die sie verdient haben. Lasst uns ihr Erbe nicht vergessen und kämpfen wir nicht nur im Pride Monat Juni für den Erhalt ihres revolutionären Kampfes!
Monika Ertl (ELN Bolivien)
Ertl folgte ihrem Vater in den 50er Jahren nach Bolivien. Dort entschied sie nach ihrer Scheidung sich politisch und sozial zu engagieren. Schlussendlich landete Ertl bei der bolivanischen Guerilla ELN (Ejército de Liberacion Nacional) welche von Che Guevara gegründet wurde. Bei der Guerilla war sie mutmasslich für den erfolgreichen Anschlag auf den ehemaligen bolivianischen Geheimdienstchef und bekannten Folterer Roberto Quintanilla Pereira in Hamburg verantwortlich. Ertl versuchte 1972 mit der ELN den ehemaligen SS-Chef von Lyon Klaus Barbie, welcher unter falschem Namen in Bolivien lebte, zu entführen, was jedoch misslang. Am 12. Mai 1973 wurde Monika Ertl von bolivianischen Sicherheitskräften erschossen. Ihre Leiche wurde an einem unbekannten Ort vergraben.
Ivana Hoffmann (MLKP Rojava)
In ihrer Heimat Duisburg war Ivana früh in der kommunistischen Jugendorganisation Young Struggle aktiv. Im Frühling 2014 schloss sie sich den Einheiten der marxistisch-leninistischen kommunistischen Partei (MLKP) an, welche in Rojava/Nordsyrien gegen die Terrorbanden des IS und für die Revolution in Rojava kämpfen. Bei der erfolgreichen Verteidigung der Stadt Til Temir verlor sie am 7. März 2015 ihr Leben. In ihren Abschiedsbrief schrieb sie: „Ich will ein Teil der Revolution in Rojava sein, ich will mich weiter entwickeln, ich will in diesem Kampf, der alle unterdrückten Völker miteinander verbindet, kennenlernen und vor allen Dingen die Revolution in Rojava, wenn es sein muss mit meinem Leben zu verteidigen.“
Miriam Daly (INLA/IRSP)
Miriam unterrichtete in Irland und England an Universitäten Geschichte und Wirtschaft. Dabei wurde sie in der Lehrer:innengewerkschaft und gegen den Vietnamkrieg aktiv. Nach ihrer 2. Ehe mit James Daly zog sie nach Belfast und wurde im Civil Right Movement aktiv. Sie wurde bei der zuerst bei Sinn Fein und nacher bei der Irish Republican Socialist Party aktiv, wo sie sogar Präsidentin der Organisation wurde. Dabei wurde sie auch Freiwillige des bewaffneten Arms der Organisation, nämlich der INLA (Irish National Liberation Army). Daly setzte sich für die zahlreichen politischen Gefangenen, für die Vereinigung Irlands und den Sozialismus ein. Am 26. Juni 1980 wurde sie zu Hause in Belfast von loyalistischen probritischen Paramilitärs erschossen. Die britischen Behörden und der Geheimdienst waren, wie bei so vielen Morden dieser Art, aktiv mitbeteiligt.
Arîn Mîrkan (YPJ Rojava)
Arîn Mîrkan (gebürtiger Name Dilar Gencxemîs) stammte aus dem Kanton Afrin im Norden Syriens. Seit 2007 war sie innerhalb der kurdischen Befreiungsbewegung aktiv und verbrachte später auch eine Weile bei der Guerilla. Mit dem Ausbruch der Revolution in Rojava kehrte Arîn Mîrkan zurück an ihren Geburtsort und schloss sich den Selbstverteidigungskräften YPG und nach deren Gründung den Frauenverteidigunseinheiten YPJ an, wo sie auch Kommandantin wurde. Im Kampf um Kobane opferte sie ihr Leben, in dem sie mit einem Sprengsatz rund 20 Terroristen des sogenannten IS mit in den Tod riss. Sie wurde damit zu einer Symbolfigur für die Befreiung Kobanes und für die die Frauenrevolution von Rojava.
Margherita Cagol (Brigate Rosse)
Margherita stammte aus einer konservativen katholischen Familie aus Trentino (Italien). Nach ihrer Ausbildung als Buchhalterin begann sie ein Soziologiestudium. Dort wurde sie Teil der Studierendenbewegung und lernte ihren späteren Ehemann Renato Curcio kennen. Mit Renato gründete sie 1969 das Politisches Metropolenkollektiv in Mailand. Dieses Kollektiv lud im Sommer 1970 hunderte Aktivist:innen aus ganz Italien zu einer Konferenz ein. Dort wurde der bewaffnete Kampf diskutiert. Ein kleiner Teil, unter ihnen Margherita und Renato, gründeten daraufhin die Brigate Rosse. Diese verübte erste Angriffe auf das Eigentum von Managern und Vorarbeiter diverser Fabriken in Mailand. Ab 1971 gingen die Roten Brigaden in den Untergrund. Im Jahr 1975 befreite ein von Margherita angeführtes Kommando Renato und der weitere Gründungskader lberto Franceschini aus dem Gefängnis. Nach der Entfühurung des Industriellen Vallarino Gancia im selben Jahr, kam es zu einer Polizeiaktion auf dem Gehöf wo Gancia gefangen halten wurde. Dabei kam es zu einem Schusswechsel, Margehrita und ein Polizist kamen ums Leben, einem Genossen gelang die Flucht.
Moira Millan (Mapuche)
Moira kam 1970 auf die Welt, bereits 1971 musste die Familie aus beruflichen Gründen des Vaters nach Bahía Blanca umziehen. Moira wuchs dort in einem Slum auf, welcher mehrheitlich von Mapuche und anderen Indigenen bewohnt wurde. Moira erlebte bereits in Bahía Blanca Rassismus durch die Gesellschaft. Sie erlebte die Armut und konnte nur dank einer sozialen Einrichtung richtig ernährt werden. Dort lernte sie lesen und schreiben, aber nichts über die Geschichte der Mapuche. Im Gegenteil: In der Schule wurden die Mörder der Mapuche und anderen Indigenen als Helden verehrt. Dabei lernte Moira, dass ein rassistisches System mit einer weissen Vorherrschaft existiert. Im Alter von 12 Jahren begann sie als Dienstmädchen zu arbeiten und erlebte dabei sexuelle Belästigungen durch ihre Arbeitgeber. Moira beschloss mit 18 sich auf ihre Wurzeln als Mapuche zu besinnen. Ab da begann ihr bis heute andauernder Kampf für die Rechte der indigenen Bevölkerung und der Frauen.
Commandanta Romana (EZLN Chiapas)
Romana wurde 1959 in einer indigenen Tzotzil Maya Gemeinschaft in Chiapas geboren. Aus Wut gegen die Verarmung der indigene Gemeinde schloss sich Romana der EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional) an. Beim Beginn des Aufstandes am 1. Januar 1994 übernahm Ramona die Kontrolle über die Stadt San Cristóbal de las Casas. Im gleichen Jahr begann für Romana der lange Kampf gegen den Krebs. Ramona verlor diesen Kampf am 6. Januar 2006. Bis heute steht sie exemplarisch für den Kampf indigener Frauen gegen das Klassensystem welches sie aufgrund kultureller und sexistischer Überzeugungen unterdrückt.
Yolanda Gonzalez (PST / Baskenland)
Die Familie von Yolanda Gonzales stammte aus Burgos, zog aber aus Arbeitsgründen nach Bilbao. Dort kam Yolanda 1961 auf die Welt. Bereits mit 16 trat Yolanda der Sozialisitschen Jugend Spaniens bei. Sie schloss sich einer linken Strömung der Partei an, später wurde sie überzeugte Trotzkistin und wurde aktiv bei der Sozialistischen Arbeiter-Partei. Aufgrund ihres Studiums zog Yolanda 1979 nach Madrid. Dort blieb sie politisch aktiv und arbeite nebenbei, um ihrer Familie nicht zur Last zu fallen. Am späten Nachmittag des 1. Februar 1980 wurde Yolanda González Martín aus ihrer Wohnung entführt, gefoltert und ermordet. Die Entführer gaben sich als Polizisten aus. Sie waren Mitglieder der ultrarechten Fuerza Nueva, darunter war auch ein aktiver Polizist.
Ericka Huggins (Black Panthers Party)
Die Politisierung von Ericka begann 1963 als sie am Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit teilnahm. Im Jahr 1968 schloss sich Erika der Black Panthers Party an. Gemeinsam mit ihrem Mann John Huggins wurden sie dabei rasch zu Führungspersonen des Los Angeles Chapters der Bewegung. Drei Wochen nach der Geburt ihrer Tochter wurde ihr Mann 1969 von einer COINTELPRO Organisation erschossen. Kurz darauf wurde Ericka zusammen mit dem Black Panther Gründer Bobby Seale unter dem Vorwurf des Mordes und der Verschwörung verhaftet und angeklagt. Sie wurde im Mai 1972 freigesprochen. Huggins engagierte sich danach aktiv bei der Oakland Community School, ebenfalls führte die das gratis Frühstücksprogramm der Black Panthers. Huggins ist bis heute eine aktive Menschenrechtsaktivistin. Als Professorin beschäftigt sie sich mit Women and Gender Studies, Soziologie und African American Studies.