Bringen wir die Guillotine zurück, wir wollen die Revolution!

Heute haben wir zu Ehren des 1. Mai ein Geschenk und eine Erinnerung vor der französischen Botschaft niedergelegt.

Die Erhöhung des Rentenalters in Frankreich treibt seit drei Monaten abertausende von Menschen auf die Strasse. Die Proteste, die vom grössten Teil der Bevölkerung mitgetragen werden, richten sich einmal mehr gegen die Politik von Emmanuel Macron. Von seiner neoliberalen Politik profitieren nur die Reichen, alle anderen müssen dafür bezahlen [1].

Die Proteste waren zu Beginn hauptsächlich gegen die Rentenreform, haben sich in den letzten Monaten aber massiv ausgeweitet und beziehen mittlerweile unterschiedliche Kämpfe mit ein. Kritisiert wird das undemokratische Vorgehen, wie Macron die Reform durchgesetzt hat, aber auch andere Aspekte seiner Politik wie die Ernennung von Vergewaltigern in seinem Kabinett oder seine menschenverachtende Migrationspolitik [2]. Die generelle Politik Macrons dreht sich hautpsächlich um Kapital-Interessen und geht komplett an der gemeinen Bevölkerung vorbei. Der Unmut der betroffenen Arbeiter*innen äussert sich so vielfältig wie ihre Beschäftigungen auch sind. In unterschiedlichsten Sektoren wird gestreikt und somit das Land lahmgelegt. Und wenn ein Streik noch nicht genug auslöst, kommen andere Aktionsformen zum Tragen. Unterschiedliche Häfen wurden blockiert aber auch Sabotage ist eine gängige Aktionsform [3]. Elektrikerinnen haben zum Beispiel die Stromleitungen zu Regierungsgebäuden unterbrochen und somit auch die Arbeit von Staatsbeamtinnen beendet. Andere wiederum haben vereinzelt auch gleich ganze Regierungsgebäude oder Polizeistationen in Brand gesteckt [4]. Während sich die Proteste intensivieren, schlägt der Staat mit voller Härte zurück. Die Polizei schiesst mit Gummigeschossen auf Köpfe, schlägt mit Knüppeln wild um sich, spritzt mit Wasserwerfern in die friedliche Menge oder wirft mit Tränengas-Granaten. Unzählige Demonstrant*innen wurden bereits von der Polizei verletzt, viele davon schwer. In Sainte-Soline im Westen von Frankreich kämpft die lokale Bevölkerung seit Jahren gegen den Bau von Wasser-Reservoirs [5]. Diese pumpen das Grundwasser in künstlich angelegte Mega-Bassines und kreieren so eine ökologische Katastrophe. Im März wurden 3000 Polizist*innen entsandt um die Proteste mehrerer Zehntausend Personen in diesem 350-Seelen-Dorf niederzuschlagen. Die Polizei fuhr ihr ganzes Waffen-Arsenal auf und brachte sogar vier Panzer und neun Hubschrauber um ein riesiges Loch im Boden zu verteidigen. Während der Proteste schoss die Gendarmerie unzählige Tränengas-Granaten aber auch Granaten mit Gummigeschossen in die Menge. Bereits 2014 wurde Rémi Fraisse durch eine solche Granate [6]. Etwa 200 Protestierende wurden an nur einem Tag von der Polizei verletzt und die herbeigerufenen Rettungskräfte von diesen über 2 Stunden behindert zu den Verletzten zu gelangen. 40 Personen gelten als schwer verletzt, zwei davon schwebten in Lebensgefahr und werden bleibende Schäden zurücktragen, einer davon, Serge, trotz seines Erwachens aus dem Koma, ist immer noch in einem kritischen Zustand. [7]. Eine Granate ist direkt neben seinem Kopf explodiert.

Wir wollen diesen 1.Mai nutzen, unterschiedlichste Kämpfe zusammenzutragen. Kämpfe für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur, für feministische Perspektiven, für Selbstbestimmung, für eine antirassistische und antikoloniale Praxis oder generell für eine lebenswerte Zukunft stehen nicht alleine sondern sind eingebettet in unserem Kampf für ein möglichst schönes und unbeschwertes Leben für alle. Wir sind überzeugt, dass tatsächliche Veränderungen nicht durch sozialdemokratische Reformen oder mit gewerkschaftlichen Scheinlösungen herbeigeführt werden können sondern von unten erkämpft werden müssen. Deswegen sind wir solidarisch mit allen Protestierenden und ihren Aktionsformen in ganz Frankreich und natürlich darüber hinaus. Wir senden viel Kraft an Serge und alle anderen durch Polizeigewalt verletzten und gedenken allen Menschen, die durch staatliche Gewalt getötet wurden.

Sources:

[1] https://paris-luttes.info/reforme-des-retraites-injustice-et-16663?lang=fr
[2] https://rebellyon.info/Operation-Wuambushu-Une-offensive-24777
[3] https://paris-luttes.info/grevolution-1er-round-d-une-greve-13202?lang=fr
[4] https://www.francetvinfo.fr/economie/retraite/reforme-des-retraites/reforme-des-retraites-les-portes-d-un-commissariat-de-police-et-d-un-ancien-couvent-incendiees-a-rennes_5771417.html
[5] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172277.polizeigewalt-in-frankreich-heftige-schlacht.html
[6] https://reporterre.net/Mort-de-Remi-Fraisse-le-gendarme-qui-a-lance-la-grenade-ne-sera-pas-condamne
[7] https://iaata.info/Communique-des-parents-de-Serge-26-avril-2023-5884.html